Dienstag, 30. Juni 2020

Blog 3

25. Juni, meine dritte Gemeinderatssitzung. An das zugige Ambiente in der Turnhalle haben sich alle mittlerweile gewöhnt, die Akustik bleibt, wie sie ist: miserabel. Gemeinderäte und Zuschauer verstehen kaum etwas, wenn leisere Beiträge von der anderen Seite kommen. Einzig der Bürgermeister ist klar zu hören, er hat Mikrofon und Lautsprecher. Auf der Tagesordnung spannende Themen: Realschule in Hohenbrunn, Teilnahme an der Machbarkeitsstudie Autobahn-Parallele A99 und die Schulsituation unter Corona.

Realschule in Hohenbrunn?
In der letzten Sitzung von unserer Fraktion eingebracht, diesmal wieder auf der Tagesordnung. Voran ging eine Bitte um qualifizierte Vorbereitung. Ich suche in den Sitzungsunterlagen nach Anlagen zum TOP, finde leider nichts. Bin etwas enttäuscht. Es wäre doch kein großer Aufwand gewesen, drei oder 4 Folien vorzubereiten: Grundstückssituation, Finanzen, Schülerzahlen, grundlegende planerische Überlegungen, usw. Ich merke, der Gemeinderat tickt anders als die Wirtschaft. Der Bürgermeister erzählt von Vorgesprächen, die er mit Grundstücksinhabern und dem Landrat geführt hat. Sei alles schwierig, aber doch irgendwie machbar. Die anschließende Diskussion macht deutlich, wie viele Aspekte bei dieser Entscheidung mitspielen: Die angespannte Finanzsituation, die kreative Finanzierungslösungen erfordert (der Bürgermeister bringt ÖPP - Öffentlich Private Partnerschaft mit ins Spiel), die Gestaltung des Bahnhofs muss den Schulstandort berücksichtigen, von Frau Lunemann kommt der Vorschlag, mit der Montessori-Schule zu kooperieren,...  Natürlich muss abgewartet werden, wie sich Höhenkirchen-Siegertsbrunn entscheidet. Vielleicht bekommt man dort ja noch einen Deal hin mit Tieferlegung der S-Bahn bei Campus-Lösung. Aber wenn die Würfel gefallen sind, sollte man schnell handlungsfähig sein. Innerhalb der nächsten zweieinhalb Jahre müsste dann der Bebauungsplan stehen. Am Ende fordert der Bürgermeister ein klares Votum vom Gemeinderat unter der Überschrift: Wenn wir das wirklich wollen, werden wir Lösungen finden. Der Tenor im Gemeinderat ist klar: Eine Realschule wäre eine große Chance, ein echter 'Entwicklungsbeschleuniger' für Hohenbrunn, gefühlt ist jeder dafür. Aber es sind eben vielfältige Herausforderungen, die dann (schnell) bewältigt werden müssen.

Meine Meinung dazu: Ein klares "Ja" zur Realschule in Hohenbrunn, nur bitte die anderen Themen im Sinne der Ortsentwicklung gleich mit anpacken, damit es kein Flickwerk wird.

Machbarkeitsstudie Autobahn-Parallele A99
Vorab: Es geht darum, ob sich Hohenbrunn (auch finanziell) an einer Studie des Landkreises beteiligt, die die technische Machbarkeit einer Autobahn-Parallele zur A99 untersucht. Es ist also keine prinzipielle Sinnhaftigkeitsstudie. Obwohl die Studie ergebnisoffen angelegt ist, steht doch zu befürchten, dass der Schritt vom 'machbar' zu 'gemacht' kleiner wird, wenn sie positiv ausfällt. Es ist ja gerade der Sinn solcher Studien, eine mögliche Umsetzung vorzubereiten. Wenn also die Sinnhaftigkeit keine Rolle spielt: Warum sollte sich Hohenbrunn daran beteiligen? Wir wollen keine 'Entlastungsstrecke' entlang der Autobahn. Wer zusätzliche Möglichkeiten schafft, zieht auch zusätzlichen Verkehr an. Sicherlich könnte dann die B 471 zurückgestuft und für den Lkw-Verkehr gesperrt werden. Aber was passiert dann am Ende beim Nadelöhr auf die Rosenheimer Landstraße? In wieweit würde mit einer Autobahn-Parallele ein Präjudiz geschaffen für ein Umgehungsstrassen-Konzept Hohenbrunn? Fragen über Fragen. Am Ende eine knappe Entscheidung mit 11:8 Stimmen dafür (allerdings vorbehaltlich der Finanzierungshöhe). Tenor: Wenn wir uns nicht beteiligen, können wir unsere Überlegungen und Bedenken auch nicht einbringen. Der Interkommunale Arbeitskreis Verkehr, der übergemeindliche Lösungsansätze entwickeln und in die Diskussion einbringen sollte, ist ja leider einen leisen Tod gestorben. Warum, weiß auch keiner so genau zu sagen...

Meine Meinung dazu: Die Mobilität der Zukunft wird sich entscheidend verändern. Um das vorherzusagen, muss man kein Hellseher sein. Dafür müssen heute die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geschaffen werden. Für Hohenbrunn heißt das genau zu überlegen, welche Trassenvariante mittel- und langfristig zu einer nachhaltigen Verkehrsentlastung führt.

Schule unter Corona
Die Diskussion, wie Hohenbrunn in den Nachwehen der Corona-Krise die Öffnung der Schulen bewerkstelligen und einen (halbwegs) geregelten Unterricht anbieten kann, zeigt sehr schnell, dass hier das Kultusministerium insgesamt keinen guten Job macht. Empfehlungen sind zu generell, kommen zu spät, Schulen und Gemeinden sind weitgehend sich selbst überlassen. Das ist nicht gut, bietet aber auch eine Chance, eigene Konzepte zu entwickeln und notwendige Investitionen zu tätigen. Der Bürgermeister hat nun für 18.000 EUR im Rahmen des Digitalpakts iPad-Koffer für beide Schulen angeschafft, aber es fehlt ein Konzept. Nach seiner eigener Aussage gibt es keine Zeit, sich Gedanken darüber zu machen.

Meine Meinung dazu: Das kann eigentlich gar nicht sein. Bildung ist eine der wichtigsten Aufgaben in unserer Gesellschaft. Corona hat die Defizite und Versäumnisse des vergangenen Jahre schonungslos offen gelegt. Nur weiter so reicht einfach nicht. Wir vom Bürgerforum haben im Rahmen der Rechnungsprüfung angeregt, dass die Schulleitung dem Gemeinderat über die heutige IT-Ausstattung berichtet, damit sich der Gemeinderat selbst ein Bild machen, kann, wie zukunftsfähig unsere Schulen aufgestellt sind. Ich schaue mit etwas Neid auf unsere Nachbargemeinde Straßlach-Dingharting (siehe SZ-Artikel), wo die Grundschule offensichtlich schon weiter ist.
 
Nachgehakt
In der konstituierenden Sitzung hat der Gemeinderat ja mit 11:8 Stimmen für ein erweiteres Akteneinsichtsrecht der Gemeinderäte gestimmt, der Bürgermeister hat dem widersprochen und eine Überprüfung durch die Rechtsaufsicht angekündigt. Da bis jetzt von dort kein gegenteiliger Bescheid vorliegt, bleibt es bei der Entscheidung.

Nachgefragt
Anfrage von Alfred Rietzler: Könne man die Gefahrensituation des Radwegs entlang des Wasserwerks an der Kurve nicht mit  Teilungsmarkierungen auf der Fahrbahn und einem Spiegel entschärfen? Abschlägiger Bescheid vom Bürgermeister: Habe man schon geprüft, Fahrbahnmarkierungen brächten nachgewiesermaßen nichts. Für mich unverständlich. Jeder, der dort schon gefahren ist, weiß, wie gefährlich diese S-Kurve ist. Sie ist uneinsehbar, es wird schnell gefahren, viele Radfahrer schneiden die Kurve. Muss man hier nicht alles unternehmen und nach weiteren Lösungsmöglichkeiten suchen, um Unfälle zu vermeiden? Es keimt der Verdacht bei mir, dass die Interessen und Belange der Radfahrer immer noch zweitrangig behandelt werden.

Gerne können Sie mir schreiben, wie Ihnen der Blog gefällt. Einfach an manfred.haucke@buergerforum-hohenbrunn.de. Ich freue mich auf Ihr Feedback!

Herzlichst Ihr 

Manfred Haucke